Swiss AI: ETH und EPFL entwickeln offenes Sprachmodell

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Ein Meilenstein für digitale Souveränität und vertrauenswürdige KI – made in Switzerland.

Die Schweiz positioniert sich als Vorreiterin für transparente, offene und gesellschaftlich verantwortungsvolle Künstliche Intelligenz. Die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich und das École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) entwickeln gemeinsam mit dem Schweizer Supercomputer-Zentrum (CSCS) ein eigenes Large Language Model (LLM), das im Spätsommer 2025 erscheinen soll – quelloffen, multilingual und vollständig dokumentiert. Damit setzen die beiden Hochschulen ein deutliches Zeichen gegen die Intransparenz kommerzieller KI-Modelle.

Ein Sprachmodell im Dienste der Gesellschaft

Das Modell wird in zwei Versionen mit 8 und 70 Milliarden Parametern erscheinen. Es wurde von Anfang an mit einem Fokus auf Mehrsprachigkeit entwickelt – trainiert auf über 1500 Sprachen, davon mehr als 1000 mit ausreichender Repräsentation. Neben Englisch (ca. 60 % der Trainingsdaten) wurden zahlreiche weitere Sprachen sowie Code- und Mathematikdaten einbezogen.

Mit dieser breiten sprachlichen Grundlage zielt das Modell auf eine möglichst globale Anwendbarkeit ab – ein wichtiger Schritt für Inklusion und Fairness in der KI-Nutzung.

Open Source – aus Überzeugung

Anders als viele kommerzielle Modelle will das ETH/EPFL-LLM vollständige Offenheit garantieren. Das bedeutet:

  • Quellcode und Modellgewichte werden öffentlich verfügbar sein
  • Die Trainingsdaten werden dokumentiert, reproduzierbar und transparent sein
  • Das Training folgt geltendem Recht, insbesondere Datenschutz, Urheberrecht und dem EU AI Act

Für Imanol Schlag, Co-Leiter des Projekts am ETH AI Center, ist das nicht nur eine ethische, sondern eine wissenschaftliche Notwendigkeit: «Nur offene Modelle schaffen Vertrauen und ermöglichen fundierte Forschung zu Chancen und Risiken der KI.»

Trainiert auf einem der schnellsten Supercomputer der Welt

Das Modell wird auf ALPS, dem neuen Supercomputer des CSCS in Lugano, trainiert. Mit über 10’000 Nvidia Grace Hopper Chips gehört er zu den leistungsstärksten Rechnern weltweit (Top-6 in der Juni-2024-Rangliste). Entwickelt für die extremen Anforderungen moderner KI-Anwendungen, stellt ALPS nicht nur rohe Rechenleistung bereit, sondern auch eine innovative Cloud-native Architektur. Dadurch lassen sich softwaredefinierte Cluster einrichten, die auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner Forschungsgruppen zugeschnitten sind.

Ein Infrastrukturprojekt mit politischer Rückendeckung

Bundesrat Guy Parmelin betonte bei der Eröffnung von ALPS die strategische Bedeutung dieser Infrastruktur: «ALPS ist Ausdruck unserer Vision einer von Wissen und Fortschritt geprägten Zukunft.» Auch ETH-Ratspräsident Michael Hengartner und weitere Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft unterstrichen die Bedeutung des Projekts für die Forschungsfreiheit und digitale Souveränität der Schweiz.

Swiss AI – die grössere Vision

Die LLM-Entwicklung ist Teil der im Dezember 2023 gestarteten Swiss AI Initiative, in der über 75 Forschende aus der ganzen Schweiz kooperieren. Ziele der Initiative:

  1. Transparente LLMs entwickeln: Open Source, nachvollziehbar, rechtlich einwandfrei
  2. Grundfragen der KI erforschen: Ethik, Datenschutz, Mensch-KI-Interaktion
  3. Akteure vernetzen: Hochschulen, KMU, Politik und Zivilgesellschaft

Gerade der letzte Punkt hebt Swiss AI von vielen ähnlichen Projekten ab. Es geht nicht nur um Grundlagenforschung, sondern auch darum, konkrete Anwendungsfälle in Medizin, Klima- und Sprachforschung zu ermöglichen – und das Wissen direkt an die Gesellschaft und Industrie weiterzugeben.

Warum Open-Source-LLMs relevant sind – gerade für KMUs

Die Entscheidung für ein quelloffenes Modell ist auch ein wirtschaftliches Signal. Open-Source-LLMs bieten:

  • Volle Kostenkontrolle: Keine Token-basierten Abos oder Cloud-Gebühren
  • Datenschutz und Souveränität: Keine Abhängigkeit von Drittanbietern
  • Finetuning-Möglichkeiten: Modelle lassen sich für spezifische Zwecke anpassen
  • Transparenz: Vertrauen durch nachvollziehbare Trainingsdaten und Modellarchitektur

Gerade für KMUs, Forschungseinrichtungen und öffentliche Verwaltungen kann dies ein echter Vorteil sein – sowohl in finanzieller als auch in regulatorischer Hinsicht.

Ein Anfang – nicht das Ende

Mit dem Launch des Modells im Spätsommer 2025 ist die Arbeit nicht abgeschlossen, sondern beginnt erst. Finetuning, Benchmarks, Community-Einsatz, Evaluierung in realen Anwendungen – all das wird zeigen, wie tragfähig die Vision einer offenen, vertrauenswürdigen KI «made in Switzerland» wirklich ist.

Doch die Grundlagen sind vielversprechend: transparente Prozesse, massive Rechenpower, starke Partner und eine klare ethische Haltung. ETH, EPFL und CSCS haben damit nicht nur ein neues Modell geschaffen, sondern vielleicht auch einen neuen Standard – für Europa und darüber hinaus.

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