Personal Branding, erster Monat

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Cringe, KI-Avatare und der Versuch, echt zu sein

Ich bin Teil der Gen X – aber trotzdem ein Digital Native. Mit 12 hatte ich meinen ersten PC. Ich habe E-Mails geschrieben und mich im Usenet rumgetrieben, als das Internet noch geknirscht hat, und Spiele gespielt, deren Grafik heute als Retro durchgeht. In den Nullerjahren habe ich Onlineshops gebaut. Quasi im am Puls der technologischen Neuentwicklungen.

Aber wenn ich heute ein Selfie in der Öffentlichkeit mache, fühlt sich das manchmal immer noch cringe an. Nicht ironisch, sondern existenziell – wie ein innerer Widerstand dagegen, sich freiwillig in den Mittelpunkt zu stellen. In den letzten zwölf Monaten habe ich deshalb viele Videos mit KI-Avataren erstellt – mit Tools wie Synthesia und HeyGen. Und obwohl manche dieser Videos sehr professionell wirkten, bekam ich immer wieder dasselbe Feedback: «Das wirkt irgendwie creepy.»

Ich habe lange gezögert. Personal Branding fühlte sich an wie etwas für Leute, die Influencer werden wollen – nichts, womit ich mich identifizieren konnte. Ich leide unter dem Hochstapler-Syndrom und möchte nicht in einer endlosen Selbstvermarktungsschleife landen.

Aber je stärker KI Inhalte glättet, desto wertvoller erscheint mir das Echte. Die Unperfektion. Die Stimme mit Ecken. Der Mensch hinter dem Profil. Also habe ich mir gesagt: Scheiss drauf. Ich probier’s jetzt einfach. Ein Jahr lang. Jeden Tag mindestens ein Kurzvideo. Auf TikTok, YouTube Shorts, Instagram und Facebook. Nicht um jemand anderes zu werden – sondern um herauszufinden, wie ich mich zeigen kann, ohne mich zu verstellen.

In diesem Artikel fasse ich die Erfahrungen des ersten Monats zusammen.

Vier Plattformen, 30 Videos, knapp 35’000 Views

Hier meine Zahlen nach 30 Tagen täglichem Posten:

  • TikTok: 15’000 Views
  • YouTube Shorts: knapp 14’000 Views
  • Instagram Reels: knapp 5’000 Views
  • Facebook: 1.200 Views
  • Gesamt: knapp 35’000 organische Aufrufe

Am meisten überrascht hat mich YouTube Shorts: Fast auf Augenhöhe mit TikTok – obwohl YouTube ursprünglich gar nicht im Fokus stand. Zwar gab es keinen viralen Hit, aber mehrere Videos knackten die 1.000-View-Marke.

Auf Facebook hatte ich bereits 200 Followers, auf Instagram 300, auf TikTok und YouTube unter 100. Hier die aktuellen Zahlen, um das in den Folgemonaten vergleichen zu können:

  • TikTok: 75 (+19)
  • YouTube Shorts: 31 (+8)
  • Instagram: 339
  • Facebook: 200

Mein Setup – einfach, aber effektiv

Um den Aufwand überschaubar zu halten, habe ich mich für eine schlanke, aber solide Produktion entschieden:

  • Kamera: iPhone 16 Pro (Frontkamera)
  • Stativ: Rollei Easy Creator Gimbal
  • Ton: Vieta Pro Influencer Mikrofon mit Noise Cancellation
  • Teleprompter: mit Smart Scrolling (Speech Recognition)
  • Schnitt: zuerst mit CapCut (Pro-Version), später mit DaVinci Resolve (kostenlos)
  • Untertitel: erstellt mit der kostenpflichtigen Captions-App

Ich überlege gerade, auf die kostenfplichtige Version von DaVinci umzusteigen, um Untertitel automatisch erstellen zu können und diese dann individueller bearbeiten zu können als es mit der Captions App möglich ist.

Ich habe im Durchschnitt 1–2 Stunden pro Video investiert – Aufnahme, Color Grading, Audiopegel, Geschwindigkeit (10% schneller), Schnitt, Untertitel, Upload auf 4 Plattformen. Kein Overkill, aber spürbarer Aufwand. In einigen Videos habe ich die AI-Funktionen von Captions mit deren Templates verwendet, was deutlich schneller geht. Allerdings waren mir die Templates dann doch zu generisch, weshalb ich mich für manuelle Videobearbeitung entschieden haben, um mehr Kontrolle über Zoomeffekte und Color Grading zu haben.

Der eigentliche Kampf: Ich gegen mich

Die technische Seite war machbar. Schwieriger war es, mit mir selbst klarzukommen – mit meiner Stimme, meiner Aussprache, meinem Auftreten. Vieles fühlte sich fremd an. Oder eben: cringe.

Aber ich merke, wie ich wachse. Ich spreche flüssiger und natürlicher. Ich brauche weniger Anläufe. Ich fühle mich sicherer, auch wenn noch nicht alles «rund» wirkt. Die Routine verändert etwas – nicht nur in der Technik, sondern auch im Selbstbild.

Personal Branding WTF!?

Und jetzt?

Der erste Monat war ein Experiment. Jetzt will ich schauen, was passiert, wenn ich’s durchziehe – ein Jahr lang, jeden Tag ein Video. Nicht, um irgendwen zu beeindrucken. Sondern um dranzubleiben. Und um zu sehen, was sich daraus für Openstream ergibt.

Natürlich weiss ich, dass TikTok anders funktioniert als YouTube, und Instagram nicht wie Facebook tickt.
Aber im Alltag kann ich keinen masgeschneiderten Content für jede Plattform erstellen. Ich poste überall dasselbe – und beobachte, was passiert.

Fazit

Wer Personal Branding ernst meint, muss sich irgendwann fragen: Bin ich bereit, sichtbar zu sein – auch wenn’s sich nicht perfekt anfühlt? Kann ich mich überwinden, Videos von mir selbst zu editieren? Für mich war dieser erste Monat eine Antwort auf diese Frage. Es fühlt sich immer noch sehr cringe an, aber ich habe grosse Freue daran, Videos zu produzieren, an meiner Kreativität und Story Telling Skills zu arbeiten.

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