Betrachtet man die aktuelle Diskussion rund um künstliche Intelligenz und ihre Anwendung in verschiedenen Bereichen – sei es in Unternehmen, bei Kreativen oder im akademischen Umfeld –, so kristallisiert sich ein wiederkehrendes Muster heraus: Wir stehen noch am Anfang des Verständnisses, wie wir wirklich mit KI zusammenarbeiten können.
Oft sehen wir sie als reines Werkzeug, eine Art digitale Hilfskraft, die stumpfe Aufgaben schneller erledigt. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Die Denkfehler im Umgang mit KI
Ein häufiger Fehler ist die passive Nutzung. Wir geben einen Prompt ein und nehmen das Ergebnis als gegeben hin. Wir fordern nicht heraus, wir iterieren nicht, wir behandeln die KI nicht als den intelligenten Sparringspartner, der sie sein könnte.
Ein anderer Denkfehler ist die limitierte Vorstellungskraft. Wir nutzen KI für offensichtliche Anwendungsfälle, aber wir scheuen uns, sie in unerwarteten Bereichen einzusetzen. Wir übersehen, dass KI nicht nur repetitive Aufgaben automatisieren, sondern auch völlig neue Perspektiven eröffnen kann.
Vom Werkzeug zum Teammitglied: Ein Paradigmenwechsel
Stell dir vor, KI ist nicht nur ein Tool, sondern ein vollwertiges Mitglied deines Teams. Was würde das verändern?
- Du würdest ihr Feedback geben. Anstatt das erste Ergebnis blind zu akzeptieren, würdest du sagen: «Das ist ein guter Anfang, aber könntest du diesen Aspekt noch stärker betonen?»
- Du würdest sie in den kreativen Prozess einbeziehen. Du würdest sie nicht nur bitten, Ideen zu generieren, sondern auch, diese Ideen weiterzuentwickeln, zu kombinieren und auf ihre Schwachstellen hin zu untersuchen.
- Du würdest sie als Sparringspartner für schwierige Entscheidungen nutzen. Du könntest ihr verschiedene Szenarien präsentieren und sie bitten, die potenziellen Konsequenzen zu analysieren.
Ein Experte inspiriert zum Umdenken
Jeremy Utley ist ein anerkannter Experte für Kreativität, Innovation und die Schnittstelle von KI. Als Dozent an der Stanford University hat er bereits über eine Million Studenten weltweit in den Bereichen Design Thinking und Innovation unterrichtet. Er ist Mitautor des Buches «Ideaflow: The Only Business Metric That Matters» und Co-Host des Podcasts «Beyond the Prompt», in dem er die Anwendung von KI in Unternehmen untersucht.
Utley war zuvor Direktor der Executive Education am Hasso Plattner Institute of Design in Stanford (auch bekannt als «d.school») und berät Fortune-500-CEOs und Startup-Gründer. Seine Forschung konzentriert sich aktuell darauf, wie Einzelpersonen und Organisationen den Umgang mit generativer KI verbessern können.
Utley betont, dass wir KI nicht nur als Werkzeug, sondern als Teammitglied betrachten sollten. Diese Perspektivenverschiebung kann zu besseren Ergebnissen durch Coaching, Feedback und Zusammenarbeit führen.
Mehr als nur «gut genug»: Die Rolle der Variation
KI macht es uns unglaublich einfach, «gut genug» zu erreichen. Aber wahre Kreativität und Innovation entstehen oft erst, wenn wir über das Offensichtliche hinausgehen. Ein wichtiger Aspekt ist hier die Variation. Wir müssen die KI auffordern, nicht nur eine Lösung zu liefern, sondern eine Vielzahl von Ansätzen, Perspektiven und Ideen zu generieren. Erst durch die bewusste Auseinandersetzung mit dieser Vielfalt können wir wirklich Neues entdecken.
Fazit: Nicht KI nutzen, sondern mit KI arbeiten
Die Zukunft gehört denen, die verstehen, wie man KI nicht nur benutzt, sondern wie man mit ihr zusammenarbeitet. Es geht darum, eine echte Partnerschaft einzugehen, in der wir unsere menschlichen Stärken – Intuition, Empathie, kritisches Denken – mit der immensen Rechenleistung und dem breiten Wissensspektrum der KI verbinden.
Also, frag dich selbst: Behandle ich KI noch wie einen reinen Befehlsempfänger? Oder bin ich bereit, sie als intelligenten, kreativen und wertvollen Partner in meinem Alltag willkommen zu heissen? Die Antwort auf diese Frage wird massgeblich darüber entscheiden, wie erfolgreich du die Potenziale dieser revolutionären Technologie nutzen wirst.
Beitragsbild von Jakob Braun.
Schreibe einen Kommentar